Erhöhte Aufmerksamkeit

Von | 2. April 2007

Man stelle sich folgende Situation vor:
Eine gut gefüllte S-Bahn am Nachmittag und mittendrin eine Oma mit Enkel und eine junge Mutter mit ihrem sehr kleinen Baby. Dieses junge Wesen mag das Gewusel um sich herum überhaupt nicht und teilt dies auch lautstark den Passagieren mit.
Das mag soweit über einige Minuten ertragbar sein. Viel interessanter fand ich dabei die Reaktionen der anderen Leute sobald ein Ton aus Richtung des Babys kam. Sofort richteten sich die Köpfe dorthin aus. Vor allem Frauen beobachten daraufhin jeden Schritt, jede Bewegung der jungen Mutter und die ihres Nachwuchses. Ich empfand es als Starren. Der Blick war leer, nur der Kopf bewegte sich und die Augen fixierten. Ansonsten einen nichts weiter mitteilenden Gesichtsausdruck.

Das ist nur ein Beispiel täglicher Gafferei. Warum sind Menschen so? Sensationsgeilheit? Eine Eigenschaft, die ich an Menschen wenig schätze. Ich selbst möchte ja auch, dass mich Menschen nicht angaffen während ich mich in einer, sagen wir, nicht normalen Situation befinde. Oder habe ich das alles ganz falsch verstanden und es stellt vielleicht eine Art und Weise dar sein Mitgefühl auszudrücken?

7 Gedanken zu „Erhöhte Aufmerksamkeit

  1. Meg

    Kannst Du Dich denn davon freisprechen? Hast Du niemals einen Menschen in einer „besonderen“ Situation angestarrt? Das ist menschlich. Menschen sind sensationsgeil und Menschen gaffen gerne, auch wenn es nur dem einen Zweck dient: etwas zu erleben und davon erzählen zu können. „Ich habe da neulich etwas gesehen, das glaubst Du nicht!“. So auch mir mal passiert. Vor Jahren schlenderte ich durch die Soester Fußgängerzone. Es war kurz nach meinem 18. Geburtstag, als plötzlich jemand vor mir umkippte. Er versuchte sich noch an einer Laterne festzuhalten, schaffte es jedoch leider nicht. Er lag da und wand sich in Schmerzen, sein ganzer Körper zuckte und die Menschen um ihn herum erstarrten und starrten. Ich brauchte einige Augenblicke, bevor ich merkte, dass der Mann einen epileptischen Anfall hatte. Ich reagierte wie in Trance, warf meine Schultasche zu Boden und kramte darin rum, bis ich mein Federmäppchen fand, welches ich ihm zwischen die Zähne presste. Dann versuchte ich seinen Kopf zwischen meinen Oberschenkeln festzuhalten. Erst dann merkte ich, dass mir die Menschen um uns herum etwas zuriefen. Sie riefen TIPPS, wie ich ihm helfen könnte! Ich war entsetzt!

    Und andererseits froh, dass ich einige Monate zuvor den 1- Hilfe-Kurs für den Führerschein gemacht hatte. Sonst wäre ich vielleicht auch nur eine von den Gaffern gewesen.

  2. stef

    Nein, freisprechen kann und werde ich mich nicht davon. Das habe ich auch nicht gesagt. Es ist vielmehr die „Eigenschaft“, die mich am Menschen so nervt. Und noch mehr nervt es mich, wenn ich selbst oft genug darauf reinfalle.

    Worauf ich in dem Beitrag anspreche sind die alltäglichen und eher kleineren Gaffmomente, in denen Menschen nicht kapieren, dass sie gerade einfach mal nichts weiter tun, als bloß zu schauen. Das hilft ihnen nicht und dem Objekt erst recht nicht.

    Ganz schlimm finde ich dann z.B. Meldungen im Radio, wenn es mal wieder heißt, dass wegen Gaffer meine Autobahnspur blockiert ist. Oder noch schlimmer: Die Rettungsarbeiten behindert werden 😡

  3. maksi

    Ich sehe dein Beispiel irgendwie nicht als gaffen oder starren an. Dagegen spricht ja auch schon der von dir erwähnte leere Blick. Eher in der Art: ‚hey, ich war grad so schön am träumen und dein Gör plärrt hier rum. Stell das ab!‘. Kurzer Blick nach der Störquelle und der Mutter, die das abstellen soll und dann wird weiter geträumt (der leere Blick) und nur vergessen, wieder woanders hin zu sehen.

    Hach, ich bin halt ein unverbesserlicher Optimist (höchstens manchmal ein Zweckpessimist *g*).

  4. stef

    Nun, wo beginnt Starren und hört leeres Blicken auf? Jedenfalls war es bezeichnend, dass sehr viele Blicke gleichzeitig in die Richtung wanderten und nicht so schnell damit aufhörten.

  5. maksi

    Ich sag’s mal so: wenn man einen „normalen“ Menschen ansieht, ist es Blicken – der gleiche Blick auf einen Menschen, der „anders“ ist (egal, ob z. B. ein Baby schreit oder es ein Mensch mit einer Behinderung ist), wird oft von anderen als Starren ausgelegt. Es ist – wie so vieles – Auslegungssache.
    Meinst du denn, die Mutter hat es auch als Starren betrachtet?

  6. stef

    [quote comment=“409″]Meinst du denn, die Mutter hat es auch als Starren betrachtet?[/quote]
    Keine Ahnung, da ich ja nicht wirklich hingeschaut habe 😕 Aber ich denke, in dem Moment hat sie andere Sachen im Kopf gehabt und hat nicht darauf geachtet.

  7. key

    menschen reagieren eben auf ihre umwelt und auf ihre mitmenschen. hat was mit der evolution zutun, denke ich.

Kommentare sind geschlossen.